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Zufalls­ge­winn­ab­schöp­fung: Was Anlagen­be­trei­bende beachten müssen

Lesezeit: 6 Minuten

Die Abschöp­fung von sogenannten Zufalls­ge­winnen bei der Strom­pro­duk­tion, auch Überschuss­er­löse genannt, hat in den letzten Monaten für viel Aufruhr in der Energie­branche geführt. Mit Hilfe der Summen, die durch die Abschöp­fung generiert werden, soll die Strom­preis­bremse finan­ziert werden. Ob Sie als Anlagen­be­trei­bende von der Abschöp­fung betroffen sind, welche Summe fällig wird und welche Pflichten Sie haben, erfahren Sie in diesem Artikel.

Hinweis: EnBW Inter­con­nector übernimmt keine Gewähr für die Vollstän­dig­keit, Richtig­keit und Aktua­lität der Angaben. Der vorlie­gende Blogbei­trag dient ledig­lich der Infor­ma­tion und ersetzt keine indivi­du­elle Rechtsberatung.

Warum und in welcher Form wird abgeschöpft? 

Unter anderem bedingt durch den Ukraine-Krieg haben Energie­er­zeuger unerwartet hohe Gewinne erzielen können. Verant­wort­lich dafür sind vor allem die stark gestie­genen Gas- und Strom­preise. Mit den abgeschöpften Gewinnen soll die Strom­preis­bremse finan­ziert werden. Der Strom­preis wird für die Verbrau­cher auf 40ct/kWh für 80% ihres prognos­ti­zierten Verbrauchs gedeckelt, um sie finan­ziell zu entlasten. Dabei bezieht sich der prognos­ti­zierte Verbrauch auf den Verbrauch 2021. In diesem Preis sind bereits alle sonstigen Kosten, wie Netzent­gelte, Messstel­len­ent­gelte und die Umsatz­steuer enthalten. Für Netzent­nah­me­stellen wird der Strom­preis auf 13ct/kWh für 70% des Jahres­ver­brauchs 2021gedeckelt. In diesem Strom­preis sind aller­dings sonstige Kosten nicht beinhaltet und werden zusätz­lich abgerechnet

Diese Gewinne sollen rückwir­kend ab dem 1. Dezember 2022 abgeschöpft werden. Die Abschöp­fung erfolgt quartalsweise.

Anhand der geltenden Preise am Spotmarkt, bezie­hungs­weise anhand der Monats­markt­werte für Wind- und Solar­an­lagen, wird die Höhe der Überschuss­er­löse kalku­liert. Auch die Ergeb­nisse aus der Direkt­ver­mark­tung können berück­sich­tigt werden. Es werden 90% der erzielten Überschuss­ge­winne abgeschöpft. Die Verant­wor­tung für die Abschöp­fung trägt der Anlagen­be­sitzer selbst. Die Pflicht zur Zahlung von Abschöp­fungs­be­trägen gilt zunächst vom 01.12.2022 bis zum 30.06.2023. Die Bundes­re­gie­rung kann den Abschöp­fungs­zeit­raum jedoch noch bis zum 30.04.2024 verlängern.


Zu den genauen Verpflich­tungen der Anlagen­be­treiber erfahren Sie unten im Beitrag mehr.

Welche Anlagen sind von der Gewinn­ab­schöp­fung betroffen?

Grund­sätz­lich sind alle Anlagen ab einer Größe von 1 MW betroffen, bei denen Zufalls­er­löse anfallen. Bei Erneu­er­baren Energien sind alle Anlagen außer Biome­than betroffen.

Strom­zwi­schen­spei­cher werden ebenfalls abgeschöpft, wenn die zugehö­rige Erzeu­gungs­an­lage größer als 1 MW ist. Ausge­nommen sind u.a. die Techno­lo­gien Stein­kohle, Erdgas sowie „Stand alone“-Speicher (bspw. Pumpspei­cher oder Batte­rie­spei­cher ohne angeschlos­sene Verbrau­cher bzw. Erzeugungsanlagen).

Die Abschöp­fung fällt ausschließ­lich auf den ins öffent­liche Strom­netz einge­speisten Strom an. Sofern Sie also die erzeugte Energie ausschließ­lich für den Eigen­ver­brauch nutzen und Ihre Anlage größer als 1MW ist, sind Sie von der Abschöp­fung ausge­nommen. Jedoch besteht auch in diesem Falle eine Meldepflicht.

Bei Anlagen­be­trei­benden, die über mehrere Anlagen verfügen, ist im EEG die Instal­lierte Leistung nach §3 Nr. 31 zu berück­sich­tigen. Das heißt, dass die Leistungen der Anlage gegebe­nen­falls zusam­men­ge­rechnet werden. Mehrere Anlagen zählen als eine, wenn folgende Voraus­set­zungen erfüllt sind: Wenn sie sich in unmit­tel­barer räumli­cher Nähe befinden, sie förder­be­rech­tigt sind, sie zur selben Anlagenart gehören und die Inbetrieb­nahme in einem Zeitraum von 12 Monaten erfolgt ist.

Eine Ausnahme stellen Biogas­an­lagen dar. Hier zählen alle technisch und baulich notwen­dige Einrich­tungen zu der Anlagen­größe dazu. Bei diesen kommt es allein auf den Anlagen­be­griff, der im EEG festge­legt ist, an.

Welche Aufgaben haben Anlagenbetreibende?

Die Anlagen­be­trei­benden tragen die Verant­wor­tung für die Gewinn­ab­schöp­fung selbst. Sie müssen eigen­ver­ant­wort­lich berechnen, welcher Geldbe­trag abgeschöpft wird. In einem Melde­portal, das von den Übertra­gungs­netz­be­trei­bern einge­richtet wird, müssen bis zum 31. Juli 2023 alle wichtigen Daten zur Abschöp­fung gemeldet werden. Diese Daten umfassen Infor­ma­tionen zur Anlage sowie – falls diese Form der Abschöp­fung gewählt wird – die Daten des Direkt­ver­mark­tungs­ver­trages. Darüber hinaus muss die Höhe des Abschöp­fungs­be­trags durch den Anlagen­be­trei­benden selbst berechnet werden. Die Daten über die Anlage, die übermit­telt werden müssen, sind die Folgenden:

Wenn man sich für die Abschöp­fung nach dem Sonder­mo­dell auf Basis des erzielten Markerlöses entscheidet, müssen folgende Vertrags­daten übermit­telt werden: 

Die Anlagen­be­trei­benden haben inner­halb von 4 Monaten und 15 Tagen nach Ablauf des Abrech­nungs­zeit­raums den erwirt­schaf­teten Überschuss­erlös, den Abschöp­fungs­be­trag sowie eine Bestä­ti­gung, dass der Mittei­lungs­pflicht gegen­über dem Übertra­gungs­netz­be­treiber nachge­kommen wurde, mitzuteilen.

Wenn interne Vermark­tungs­ver­träge bestehen (inner­halb eines Unternehmens/Gesamtschuldners), dann muss zusätz­lich der Inhalt des Direkt­ver­mark­tung­ver­trags mit einem Dritten sowie ein Nachweis für das Bestehen des Rechts­ver­hält­nisses einge­reicht werden.

Bei allen Meldungen muss darüber hinaus noch bestä­tigt werden, dass alle Angaben richtig und vollständig sind und dass die Rechts­folgen von unrich­tigen und unvoll­stän­digen Angaben bekannt sind.

Die Zahlung für den ersten Abschöp­fungs­zeit­raum wird rund zwei Wochen nach dem Meldungs­stichtag, nämlich am 15. August 2023, fällig.

Wie die Berech­nung des Überschuss­er­löses genau abläuft, erfahren Sie im nächsten Abschnitt. Wichtig zu beachten ist, dass Anlagen­be­trei­bende auch die Mittei­lungs­pflicht haben, wenn nicht abgeschöpft werden muss. Das ist der Fall, wenn der Abschöp­fungs­be­trag nach der Berech­nung gleich oder kleiner null ist.

Wie berechne ich, welche Kosten anfallen?

Für Anlagen­be­trei­bende, die keinen Direkt­ver­mark­tungs­ver­trag haben, besteht nur die Möglich­keit, die Kosten nach dem Standard­re­chen­mo­dell zu berechnen. Sie sind an diese Form der Kalku­la­tion gebunden.
Sofern Sie sich in der Direkt­ver­mark­tung befinden, liegt eine Wahlmög­lich­keit vor. Sie können zwischen der Standard­ab­schöp­fungs­me­thode sowie der Abschöp­fung nach tatsäch­li­chen Erlösen wählen.

Von den Überschuss­er­lösen werden 90% abgeschöpft. Grund­sätz­lich gilt diese Formel für die Berech­nung des Abschöpfungsbetrages:

Abschöp­fungs­be­trag = 0,9 x Überschusserlös 

Etwas schwie­riger als die Berech­nung des Abschöp­fungs­be­trages, gestaltet sich die Berech­nung des Überschuss­er­löses. Im Folgenden erklären wir Ihnen, wie Sie diesen für verschie­dene Anlagen berechnen.

Bei der Standard­me­thode wird der Überschuss nach fiktiven Erlösen berechnet. Dafür werden der Spotmarkt­erlös in einem Kalen­der­monat, bzw. bei Wind- und Solar­an­lagen die Erlöse auf Basis des energie­trä­ger­spe­zi­fi­schen Monats­markt­wertes, heran­ge­zogen. Das bedeutet, dass die stünd­li­chen Einspei­se­mengen mit dem stünd­li­chen Spotmarkt­preis bzw. dem Monats­markt­wert multi­pli­ziert werden. Von diesem fiktiven Erlös wird der gesetz­lich gestat­tete Erlös abgezogen.
Wie hoch dieser ausfällt, ist von der Anlagen­form abhängig. Bei Wind und Photo­vol­taik beträgt er den anzule­genden Wert plus 3 Cent/kWh plus 6% des energie­trä­ger­spe­zi­fi­schen Monats­markt­wertes. Bei Biogas den anzule­genden Wert plus 7,5 Cent/kWh. Bei sonstigen Anlagen ist der gesetz­lich gestat­tete Erlös der anzule­gende Wert plus 3 Cent/kWh.

Das ist die Berech­nung nach der Standard­be­rech­nungs­me­thode anhand eines Beispiels:

Standartberechnungsmethode bei der Zufallsgewinnabschöpfung
Standart­be­rech­nungs­me­thode bei der Zufallsgewinnabschöpfung

Überschuss­er­löse bei anlagen­be­zo­gener Vermarktung 

Bei der optio­nalen Berech­nungs­me­thode wird der Überschuss­erlös nicht auf Basis der fiktiven Markt­erlöse berechnet, sondern auf Basis der tatsäch­lich erzielten Markt­erlöse. Die Voraus­set­zung, dass diese Form der Berech­nung verwendet werden darf, ist ein Direkt­ver­mark­tungs­ver­trag, der vor dem 1. November 2022 abgeschlossen wurde. Ausge­nommen von dieser Regelung sind Anlagen, dessen Inbetrieb­nahme erst nach dem 1. November 2022 erfolgte.

Bei dieser Berech­nungs­me­thode wird der Überschuss­erlös durch den real erzielten Erlös (bspw. Erlös aus Direkt­ver­mark­tungs­vertag) minus des gesetz­lich gestat­teten Erlöses berechnet. Hier ist der gestat­tete Erlös aller­dings niedriger als bei der Standardberechnungsmethode.

Bei Wind und Photo­vol­taik beträgt er den anzule­genden Wert plus 1 ct/kWh plus 6% des energie­trä­ger­spe­zi­fi­schen Monats­markt­wertes. Er ist also 2 Cent niedriger als in der Standard­me­thode. Bei Biogas besteht er - wie bei der Standard­be­rech­nungs­me­thode - aus dem anzule­genden Wert plus 7,5 Cent/kWh. Bei sonstigen Anlagen ist der gesetz­lich gestat­tete Erlös der anzule­gende Wert plus 1 Cent/kWh, ist also auch 2 Cent niedriger als bei der Standard­be­rech­nungs­me­thode. Aller­dings können bei dieser Methode zusätz­lich erlös­re­le­vante Kosten, wie z.B. Direkt­ver­mark­tungs­ent­gelte oder unter Umständen auch Stromerlös­ab­hän­gige Pachten angerechnet werden.

Der Grafik können Sie ein Rechen­bei­spiel für die optio­nale Berech­nungs­me­thode entnehmen:

Optionale Berechnungsmethode bei der Zufallsgewinnabschöpfung
Optio­nale Berech­nungs­me­thode bei der Zufallsgewinnabschöpfung

Die Direkt­ver­mark­tungs­form ist nicht entschei­dend für die Abschöp­fung. Die Höhe des Abschöp­fungs­be­trags ist ledig­lich abhängig davon, ob die Anlage noch eine EEG-Förde­rung hat oder nicht.

Die verschie­denen Berech­nungs­mög­lich­keiten für den Überschuss­erlös werden hier aufgelistet:

EE-Anlagen in der Markt­prä­mien-DV (§ 16 Absatz 1 Nr. 1 + 2 StromPBG) 
EE-Anlagen in der sonstigen DV (§ 16 Absatz 1 Nr. 1 + 2 StromPBG) 
Ausge­för­derte Anlage (§ 16 Absatz 1 Nummer 2 StromPBG) 

Bei Innova­ti­ons­aus­schrei­bungen, die einen Zuschlag vor dem 01.12.2022 bekommen haben, wird eine fixe Markt­prämie angerechnet, um den Überschuss­erlös zu ermit­teln. Die Abschöp­fungs­menge wird nach der Einspei­se­menge multi­pli­ziert mit 100€/MWh plus 10€/Mwh (Sicher­heits­zu­schlag) plus die fixe Marktprämie.

Einspei­se­menge * 100 €/MWh + 10 €/MWh (Sicher­heits­zu­schlag) + fixe Marktprämie

In der Praxis werden sich voraus­sicht­lich die meisten Anlagen­be­trei­benden für die Standard­be­rech­nungs­me­thode entscheiden, da hier in den meisten Fällen der Abschöp­fungs­be­trag etwas niedriger ausfallen wird und mehr von den Gewinnen beim Anlagen­be­trei­benden bleibt. 

Was passiert, wenn ich meine Pflichten nicht einhalte? 

Wir empfehlen dringend, sich als Anlagen­be­trei­bende ordnungs­gemäß und frist­ge­recht zu verhalten. Wer gar nicht oder falsch meldet, begeht eine Ordnungs­wid­rig­keit und riskiert recht­liche Konse­quenzen, die einen Bußgeld­rahmen bis zu mehreren Millionen Euro umfassen.

Wenn es zu einer Pflicht­ver­let­zung kommt, infor­miert der Verteil­netz­be­treiber die Bundes­netz­agentur. Danach wird eine Frist für die Nachbes­se­rung gesetzt und die Überschuss­er­löse werden durch die Bundes­netz­agentur selbst berechnet. Statt einer 90%igen Abschöp­fung werden 100% der Überge­winne abgeschöpft.

Wenn die Absiche­rungs­ge­schäfte nicht ordnungs­gemäß gemeldet wurden und dadurch die Überschuss­er­löse geringer ausfallen als sie sein sollten, dann erhöht sich der festge­setzte Beitrag um die die doppelte Diffe­renz aus Soll und Ist.

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