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70-Prozent-Regelung: Alles, was Sie wissen sollten

Lesezeit: 5 Minuten

Inhaltsverzeichnis

Was ist die 70-Prozent-Regelung?

Mit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2023 ist die Installation neuer Solaranlagen einfacher und unkomplizierter. Aber auch für bestehende Photovoltaik-Anlagen hat sich einiges geändert. Unter anderem ist die Einspeisebegrenzung, bei der Solaranlagen bisher auf 70 Prozent der erreichten Nennleistung abgeregelt wurden, ab dem 1. Januar 2023 entfallen.  

Mit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wollen Bund und Länder den Ausbau der erneuerbaren Energien noch schneller und effektiver vorantreiben. Ein Bestandteil der Novelle ist die Abschaffung der sogenannten Einspeisegrenze. Bisher durften Betreiber*innen von Solaranlagen 70 % der maximalen Nennleistung ins Netz einspeisen. Das heißt: Erst wenn die Anlage 70 % der maximal möglichen Anlagenleistung erreicht hat, regelt der Wechselrichter die Anlagenleistung automatisch herunter. Die 70 %-Regelung sollte verhindern, dass das öffentliche Stromnetz an sonnigen Tagen oder in den Mittagsstunden durch zu hohe Einspeisemengen überlastet wird. Die Wirkleistungsgrenze der PV-Anlage gibt vor, dass die Einspeiseleistung der Anlage auf 70 Prozent reduziert wird. Diese Regelung soll dabei helfen, eine Überlastung des Stromnetzes zu verhindern. Daher sprechen wir hier über 70-Prozent-Regelung.  

Indem man die PV-Kapazität auf 70 Prozent der maximalen Netzkapazität begrenzt, versucht man, die Netzstabilität zu gewährleisten und potenzielle Probleme wie Überlastung oder Spannungsspitzen zu vermeiden. In einigen Fällen können große Mengen an dezentral installierten PV-Anlagen dazu führen, dass mehr Energie in das Netz eigespeist wird, als dieses bewältigen kann, insbesondere während Spitzenzeiten oder wenn die Nachfrage gering ist.  

Seit September 2022 entfällt allerdings diese Regelung für Neuanlagen bis zu einer Leistung von 25 kWp und seit Januar 2023 für Bestandsanlagen bis 7 kWp. Für größere Photovoltaikanlagen bleibt die Verpflichtung zum Redispatch jedoch bestehen. 

70-Prozent-Regelung

Was ist der Unterschied zwischen der 70-Prozent-Regelung und Redispatch? 

Die 70-Prozent-Regelung und das Einspeisemanagement sind zwei eng miteinander verbundene Konzepte im Bereich der Photovoltaik und der erneuerbaren Energien, jedoch mit unterschiedlichem Fokus und unterschiedlichen Zielen.   

Unter Redispatch versteht man verschiedene Strategien und technische Maßnahmen, mit denen die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in das öffentliche Stromnetz geregelt wird. Dies geschieht mit dem Ziel, die Netzstabilität zu gewährleisten, Überlastungen zu vermeiden und die Integration der erneuerbaren Energien in das Stromnetz zu optimieren. Beim Einspeisemanagement wird beispielsweise die Einspeiseleistung von PV-Anlagen dynamisch an die Netzverhältnisse angepasst.   

In der Praxis können diese Systeme ineinandergreifen. Technologien des Einspeisemanagements wie intelligente Wechselrichter oder Steuerungssysteme können eingesetzt werden, um den Eigenverbrauch zu erhöhen und damit die 70-Prozent-Regel zu erfüllen. Mit diesen Technologien kann die Einspeiseleistung der Anlagen dynamisch angepasst werden, um den erzeugten Strom lokal zu nutzen, anstatt ihn ins Netz einzuspeisen. 

Für wen gilt die 70-Prozent-Regelung?

Für bestehende Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 7 kWp gelten Sonderregelungen, nach denen die Messstellenbetreiber*innen verpflichtet sind, die alten Stromzähler durch intelligente Zähler zu ersetzen. Sobald diese Smart Meter installiert sind, gilt die 70-Prozent-Regel für bestehende Solaranlagen über 7 kWp nicht mehr, sofern der Verteilnetzbetreiber zustimmt. Ein Smart Meter sorgt dafür, dass Daten über die Stromproduktion oder den Netzzustand an den Energieversorger übermittelt werden.    

Bis 2030 müssen alle Solaranlagen mit einer Leistung von mehr als 7 kWp mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet sein. 

Wie funktioniert die 70-Prozent-Regelung bei Photovoltaik?

Aus technischer Sicht gibt es zwei Möglichkeiten, 70 % der Nennleistung in das öffentliche Netz einzuspeisen: die statische und die dynamische Wirkleistungsbegrenzung.  

Bei der statischen Wirkleistungsbegrenzung wird die 70-Prozent-Regelung bereits im Wechselrichter voreingestellt. Bei der dynamischen Wirkleistungsbegrenzung hingegen erkennt der Wechselrichter automatisch, wenn 70-Prozent überschritten werden, und schaltet sich entsprechend selbstständig ab.   

Die dynamische Wirkleistungsbegrenzung bezieht sich auf eine flexible Steuerung der Einspeiseleistung in Abhängigkeit von den aktuellen Netzverhältnissen oder dem Verbrauchsverhalten. Das bedeutet, dass die Photovoltaikanlage ihre Einspeiseleistung dynamisch anpasst, um bei Erreichen oder drohendem Überschreiten der 70-Prozent-Regel den Eigenverbrauch zu erhöhen. Dies kann durch intelligente Steuerungssysteme oder Wechselrichter erfolgen, die den Stromfluss und die Einspeisung in Echtzeit regeln können.  

Die Wahl zwischen statischer und dynamischer Wirkleistungsbegrenzung hängt von verschiedenen Faktoren ab, u.a. den gesetzlichen Vorgaben, den Anforderungen des Netzbetreibers und den technischen Möglichkeiten der Anlagensteuerung. 

Haus mit PV-Anlage

Welche Auswirkungen hat die 70-Prozent-Regelung bei PV-Anlagen?

Auch auf die Vergütung des nicht eingespeisten Stroms hat die Begrenzung der Einspeisung von Solarstrom Auswirkungen. Ein Anspruch auf Vergütung des nicht eingespeisten Stroms besteht für PV-Anlagenbetreiber*innen in diesem Fall nicht. Die 70-prozentige Abregelung führt zu Einnahmeverlusten von ca. 2 Prozent bis 5 Prozent pro Jahr, je nach Standort und Ausrichtung der Anlage.   

Demgegenüber stehen die Förderung des Eigenverbrauchs, mögliche Kosteneinsparungen durch geringeren Strombezug aus dem Netz und die Entlastung des öffentlichen Stromnetzes durch lokal erhöhte Eigenversorgung. Die Umstellung auf die Abregelung erfordert jedoch technische Investitionen, wie zum Beispiel in intelligente Steuersysteme, und die strenge Einhaltung der Regeln, um die finanziellen Vorteile oder die Einhaltung der Regeln sicherzustellen. 

Was bedeutet die Abschaffung der 70-Prozent-Regelung für PV-Bestandsanlagen?

Der Wechselrichter verfügt bei PV-Anlagen unter 7 kWp, die vor dem 14. September 2022 installiert werden, über eine Drosselfunktion. Das System regelt automatisch herunter, sobald 70 Prozent der Nennleistung erreicht sind. Die Drosselfunktion bleibt auch dann aktiv, wenn die 70-Prozent-Regelung nicht mehr gilt. Außer bei manueller Abschaltung.    

Viele Betreiberinnen und Betreiber von Bestandsanlagen haben daher Angst vor dem Verlust von Einnahmen aus der Einspeisevergütung durch diese Regelung. Generell lässt sich jedoch sagen: Einnahmeverluste sind unwahrscheinlich. Heute sind die meisten PV-Anlagen nämlich so ausgelegt, dass ein möglichst hoher Anteil des Stroms selbst verbraucht wird.      

Zur Minimierung der Auswirkungen der 70-Prozent-Regelung und zur Maximierung der Vergütung für Solarstrom können Solaranlagenbetreiber*innen verschiedene Maßnahmen ergreifen.  

Die Erhöhung des Eigenverbrauchs von Solarstrom ist eine Möglichkeit.  

Wenn ein Großteil des Solarstroms direkt vor Ort verbraucht wird, wird weniger Solarstrom in das öffentliche Netz eingespeist. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Solarstromproduktion abgeregelt wird. Beispielsweise kann ein Solaranlagenbetreiber seine elektrischen Geräte so steuern, dass sie zu den Tageszeiten in Betrieb sind, in denen die Solaranlage Strom produziert.    

Der Eigenverbrauch von Solarstrom sollte erhöht werden, um die 70-Prozent-Regelung zu vermeiden. Je höher der Eigenverbrauch des Solarstroms ist, desto geringer ist die Menge des eingespeisten Stroms. So geht keine Solarenergie ungenutzt verloren und die Energiekosten sinken erheblich.    

Die Einstellung eines Energiemanagers kann ein erster Schritt zur Erhöhung des Eigenverbrauchs sein. Im Falle eines Überschusses leitet der Energiemanager die Solarenergie an elektrische Verbraucher weiter und schaltet diese automatisch zu.  

Um die Mittagszeit, wenn die Sonne besonders hoch am Himmel steht, erzielen Solaranlagen zudem die höchsten Erträge. Besonders hoch ist die Stromnachfrage erst in den Abendstunden. Deshalb liegt der Eigenverbrauch des Solarstroms einer Photovoltaikanlage im Durchschnitt nur bei rund 30 Prozent.   

Wichtig zu wissen ist auch, dass die meisten PV-Anlagen ihre Nennleistung nur an wenigen Stunden im Jahr erreichen und nur dann, wenn die Anlage nach Süden ausgerichtet ist. Anlagen, die nach Ost-West ausgerichtet sind, erreichen diesen Wert zu keinem Zeitpunkt im Jahr. In der Praxis bedeutet das einen Verlust von 1 bis 3 Prozent der gesamten Leistung pro Jahr. Bei einer Anlage mit 7kWp entspricht dies etwa 70 bis 210 kWh. 

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Emilia Zaiser

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