Was ist der Netzverknüpfungspunkt?
Wer eine Photovoltaikanlage, einen Windpark oder auch einen Batteriespeicher ans Stromnetz bringen will, muss an einen Netzverknüpfungspunkt (NVP) angeschlossen werden.
Der Netzverknüpfungspunkt ist die technische und rechtliche Schnittstelle zwischen einer Anlage eines Projektierers und dem öffentlichen Stromnetz, also der Punkt, an dem der Strom tatsächlich in das Netz des Netzbetreibers eingespeist wird. Bei einer PV-Anlage auf einem Einfamilienhaus ist der Netzverknüpfungspunkt in der Regel der Hausanschlusskasten in der Straße. Bei einem Freiflächen-Solarpark, einem Windpark oder Großspeicher ist der Netzverknüpfungspunkt in der Regel ein Anschluss an die Mittel- oder Hochspannung, z. B. an eine Umspannanlage.
Wichtig ist die Unterscheidung des NVP zum reinen Netzanschluss: Letzterer bezeichnet die gesamte physische Verbindung einer Anlage oder eines Gebäudes mit dem öffentlichen Stromnetz. Dabei geht es um die tatsächliche Infrastruktur, wie Kabel und Leitungen, die benötigt werden, um Strom zu übertragen, also den gesamten Vorgang der Errichtung des Netzanschlusses (Planung, Bau, Genehmigung und Bezahlung). Der Netzverknüpfungspunkt wiederum ist dann lediglich der konkrete physische Punkt, an dem der Netzanschluss an das öffentliche Netz angeschlossen wird. Es ist der Ort, an dem die Energie von der Anlage oder dem Gebäude in das Netz eingespeist bzw. aus dem Netz entnommen wird, und in diesem Sinne ein Teil des Netzanschlusses. Der Netzanschluss endet also am Netzverknüpfungspunkt. Bis zum NVP, einschließlich der Herstellung des Netzanschlusses, ist der Netzbetreiber verantwortlich, dahinter beginnt die Verantwortung des Projektierers.
Für die Herstellung eines Netzanschlusses fallen in der Regel erhebliche Kosten durch den Netzbetreiber an, etwa für Kabeltrassen, Trafostationen oder Verstärkungen im Netz. Auch eine einmalige Zahlung des Baukostenzuschusses kann fällig werden, wenn durch den Anschluss ein Netzausbau nötig wird.
Gerade bei großen Erneuerbaren-Projekten ist die Herstellung des Netzanschlusses oft einer der größten Kostenblöcke und genau deshalb ist es so attraktiv, bestehende Netzverknüpfungspunkte effizienter zu nutzen.
Sind Netzanschlüsse für EE-Anlagen das neue Nadelöhr?
Wer heute in Deutschland einen Wind- oder Solarpark realisieren will, stößt auf ein wachsendes Problem: der Netzanschluss ist zum Bottleneck geworden.
Projektierer warten teils jahrelang auf einen geeigneten Netzverknüpfungspunkt, und die Koordination zwischen Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern zieht sich endlos hin. Währenddessen bleiben potenziell tausende Megawatt an erneuerbarer Energie ungenutzt. Gründe hierfür sind unter anderem lange Wartezeiten beim Netzbetreiber, begrenzte Kapazitäten (Netzbetreiber genehmigen oft nur so viel Einspeiseleistung, wie das Netz an diesem Punkt verkraften kann) und komplexe Zuständigkeiten (erfolgt der Anschluss beim Verteilnetz oder im Übertragungsnetz?).
Die Folge: ein regelrechter Stau von Projekten, die technisch längst umsetzbar wären, aber keine NVP-Zusage bekommen.
Überbauung des Netzverknüpfungspunkts – was bedeutet das?
Hier setzt ein Ansatz an, der in Fachkreisen immer mehr Aufmerksamkeit erhält: die einspeiseseitige Überbauung des Netzverknüpfungspunkts.
Dabei wird mehr Erzeugungsleistung installiert, als der Netzanschluss eigentlich zulässt. Zum Beispiel: Ein vorhandener Netzanschluss ist für 10 MW ausgelegt. Statt eine 10-MW-Solaranlage zu bauen, installiert der Projektierer z.B. eine 15-MW-Anlage und setzt einen 5-MW-Batteriespeicher als Puffer ein.
Wieso sind Batteriespeicher bei der Überbauung des Netzverknüpfungspunktes Schlüsseltechnologie?
Damit diese „Überbauung“ funktioniert, braucht es einen intelligenten Speicherbetrieb: Überschüssige Erzeugung (die den Netzanschluss überlasten würde) wird dann nicht abgeregelt, sondern zwischengespeichert. In Zeiten, in denen die Erzeugung unter der Anschlusskapazität liegt, wird der gespeicherte Strom kontrolliert ins Netz abgegeben (bzw. durch den Speicher hinsichtlich Einspeisezeitpunkt preisgesteuert verschoben).
Erzeugungsanlage und Batteriespeichersystem (BESS) teilen sich dabei denselben Netzverknüpfungspunkt, auch Co-Location genannt. Wird der Speicher dabei ausschließlich mit lokal erzeugtem erneuerbarem Strom geladen, spricht man auch von einer Grünstrombatterie.
Welche Vorteile bringt die Überbauung des Netzverknüpfungspunkts mit Speicher?
- Effiziente Nutzung bestehender Netzanschlüsse:
Ein Netzanschluss, der ursprünglich beispielsweise nur für 10 MW ausgelegt war, kann faktisch „mehr leisten“, weil die Speicheranlage die Leistungskurve glättet.
- Schnellere Umsetzung von Projekten:
Statt monatelang auf einen neuen Netzanschluss zu warten, kann der vorhandene Anschluss optimal genutzt werden.
- Reduzierte Abregelung („Curtailment“):
Ohne Speicher müssten Erzeugungsanlagen bei hoher Produktion häufig heruntergeregelt werden – was Erträge schmälert und Ressourcen verschwendet. Ein Speicher verringert die Menge an Ausfallarbeit, indem er Abregelungen reduziert.
- Kosten- und Ressourcenschonung:
Der aufwendige Ausbau von Netzkapazitäten wird verzögert oder teilweise vermieden.
Was sind dabei mögliche Herausforderungen?
Eine mögliche Herausforderung könnten regulatorische Unsicherheiten sein. Mit der Einführung von flexiblen Netzanschlussvereinbarungen (§ 8a EEG) und der gesetzlich verankerten Möglichkeit des Cable Pooling (§ 8 Abs. 2 EEG) hat der Gesetzgeber allerdings wichtige Voraussetzungen geschaffen, um mehrere Erzeugungsanlagen und Speicher an einem Netzverknüpfungspunkt bündeln zu können und somit Überbauungen des Netzverknüpfungspunktes zu vereinfachen.
Allerdings bleibt die Umsetzung in der Praxis herausfordernd: Ein verbindlicher Anspruch auf solche Vereinbarungen besteht bislang nicht, sie hängen vom Wohlwollen des Netzbetreibers ab. Zudem sind technische Anforderungen und Bilanzierungsregeln nur grob umrissen. Für Projektierer bedeutet das: Fortschritte ja, aber keine echte Planungssicherheit.
Auch die wirtschaftliche Auslegung einer Überbauung ist komplex und kann herausfordernd sein: Betreiber müssen das optimale Verhältnis zwischen PV-Leistung, Netzanschlusskapazität, Speichergröße und Speicherdauer finden. Jede Dimension beeinflusst das Verhältnis von erzeugtem, nutzbarem und vergütbarem Strom. BESS ermöglichen eine bessere Netzauslastung als auch die Aufnahme von mehr erzeugtem PV-Strom, treiben aber auch die Kosten. Am Ende entscheidet eine sensible Abwägung zwischen zusätzlichen Erlöspotenzialen und den erforderlichen Investitionen über die Wirtschaftlichkeit des Projekts.
Die Überbauung von Netzverknüpfungspunkten könnte sich zu einer Schlüsselstrategie der Energiewende entwickeln. Statt monatelang auf neue Netzanschlüsse zu warten, werden bestehende Kapazitäten intelligent „überbaut“ und mit Batteriespeichern abgepuffert.
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