Mit dem Solarpaket 1, das am 26.04.2024 im Bundestag beschlossen wurde und am 16.05.2024 mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt offiziell in Kraft getreten ist, ist der nächste wichtige Schritt zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens genommen worden.
Was genau das Solarpaket 1 beinhaltet und welche Folgen das insbesondere für das Photovoltaik-Gewerbe (PV), die Direktvermarktung und neuerdings auch für Großbatteriespeicher hat, erläutern wir im Folgenden.
Was ist das Solarpaket 1?
Das Solarpaket 1 ist ein umfassendes Maßnahmenbündel, das darauf abzielt, die Nutzung von Solarenergie zu fördern und deren Integration in das bestehende Energieversorgungssystem zu verbessern. Ehemals bekannt als „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“ wurde das Solarpaket 1 im August 2023 von der Bundesregierung entworfen. Aufgrund des sogenannten Resilienzbonus, der Anlagenbetreibenden bei Nutzung europäischer PV-Komponenten zusätzliche Einspeisevergütungen versprechen soll, konnte das Gesetzespaket nicht wie geplant zum Jahreswechsel in Kraft treten. Nun ist der vom Bundestag verabschiedete Entwurf mit Ergänzungen – aber ohne Resilienzbonus – am 16. Mai 2024 in Kraft getreten.
Im Wesentlichen umfasst das Paket eine Reihe von technischen, regulatorischen und finanziellen Neuerungen, die darauf ausgerichtet sind, Hürden für die Installation von PV-Anlagen zu minimieren und deren Effizienz zu maximieren. Insbesondere die bisher undurchsichtige Bürokratie rund um die Installation und Inbetriebnahme der PV-Anlagen soll einfacher und transparenter gestaltet werden. Zudem wird das ganze Spektrum der Photovoltaik betrachtet – von kleinen Balkonanlagen oder PV-Dachanlagen für Einfamilienhäuser bis hin zu großen Dachanlagen für Industriegebäude und Freiflächenanlagen. Außerdem sind Regelungen unter anderem für Speicher hinzugekommen.
Warum wurde das Solarpaket 1 verabschiedet?
Mit dem Ziel des Pariser Klimaabkommens, die globale Erwärmung auf unter 1,5 °C zu bringen, wurde ebenfalls mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2023 (EEG) gesetzlich vereinbart, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 80 % des Bruttostromverbrauchs zu maximieren.
Besonders für den Ausbau der Photovoltaik-Anlagen bedeutet das eine Erhöhung auf 215 GW bis 2030. Bereits im Jahr 2023 wurden statt 9 GW PV-Anlagen mit einer Leistung von 14,6 GW zugebaut, dieses Jahr sind 13 GW an weiterer Solarleistung geplant. Für die Jahre 2025-2026 sollen jeweils 18 GW und 22 GW an PV-Anlagen hinzukommen. Die zugebauten PV-Anlagen sollen zu 50 % aus Freiflächen- und zu 50 % aus Dachanlagen bestehen.
Um diese enormen Ziele erreichen zu können und den Zubau zu vereinfachen und zu beschleunigen, wurde das Solarpaket 1 ins Leben gerufen, denn: Eines der größten Hindernisse im Prozess des PV-Ausbaus sind die bürokratischen Anforderungen. Außerdem bietet das Maßnahmenpaket wirtschaftliche Anreize für Haushalte und Unternehmen, in Solarenergie zu investieren, was die Energieversorgung diversifiziert und weniger abhängig von fossilen Brennstoffen macht.
Mit den beschlossenen Maßnahmen trägt das Paket dazu bei, die Kosten für Solarenergie zu senken, was sie zu einer noch attraktiveren Option für Verbraucher und Unternehmen macht. Darüber hinaus fördert es die Forschung und Entwicklung im Bereich der Solartechnologie, was langfristig zu noch effizienteren und kostengünstigeren Lösungen führen kann.
Welche Maßnahmen wurden im Solarpaket 1 beschlossen?
Für Photovoltaik-Anlagen im Gewerbe und in der Industrie wurden folgende Maßnahmen verabschiedet:
Ausbau von PV-Gewerbedach-Anlagen fördern
Für PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von 40 bis 750 kW wird aufgrund der angestiegenen Baukosten die Einspeisevergütung um 1,5 Cent pro Kilowattstunde angehoben. EE-Anlagen größer 750 kW müssen an Ausschreibungen teilnehmen, um eine Förderung erhalten zu können. Früher lag diese Grenze bei Anlagen größer 1000 kW. Dafür werden jedoch die Ausschreibungsmengen für Dachanlagen auf 2,3 GW pro Jahr ab 2026 erhöht.
Hinzu kommt eine Flexibilisierung der Schwellenwerte. Bislang waren Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 kW zur Direktvermarktung verpflichtet. Doch nun wird ein Paradigmenwechsel eingeleitet:
Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung ab 100 kW und bis zu 200 kW, die bisher der Direktvermarktungspflicht unterlagen, erhalten die Möglichkeit der sogenannten „unentgeltlichen Abnahme“. Sie können ihre Überschussmengen künftig ohne Vergütung – aber auch ohne Direktvermarktungskosten– an den Netzbetreiber abgeben. Diese Neuregelung ist besonders vorteilhaft für Anlagen mit einem hohen Eigenverbrauch (Teileinspeiser). Für Volleinspeiser zwischen 100 kW und 200 kW ist es dennoch empfehlenswert, in die Direktvermarktung zu gehen, um potenzielle Mehrerlöse erzielen zu können. Nicht zu vergessen ist auch die Redispatch 2.0-Pflicht, die auch für Anlagen gilt, die von der unentgeltlichen Abnahme Gebrauch machen.
In Zukunft wird ein Anlagenzertifikat erst für Anlagen mit einer Einspeiseleistung von 270 kW oder einer installierten Leistung von über 500 kW verlangt. Bisher mussten PV-Anlagen ab 135 kW installierter Leistung ein Anlagenzertifikat vorlegen. Deshalb konnten in den letzten Jahren viele PV-Anlagen nicht ans Netz gehen, weil die Anlagenzertifikate aufgrund der fehlenden Kapazitäten seitens der Zertifizierer und der unvollständigen Dokumente seitens der Betreiber oft nicht vorlagen. Durch die Anlagenzertifikate wird sichergestellt, dass PV-Anlagen den technischen Anforderungen für eine reibungslose Inbetriebnahme entsprechen und erfolgreich beim Netzbetreiber angebunden werden können. Mit der Verabschiedung des Solarpakets 1 soll dieser Prozess vereinfacht werden, indem die Leistungsgrenze angehoben wird.
Für Anlagen unterhalb der 270 kW Einspeiseleistung bzw. 500 kW installierter Leistung genügt ein einfacher Nachweis mittels Einheitenzertifikaten. Zusätzlich wird das Verfahren für eine breitere Anwendung ausgelegt. Das Solarpaket 1 legt den rechtlichen Rahmen für eine Datenbank für Einheitenzertifikate fest, was eine Ergänzung zu den bestehenden Regelungen für Vereinfachungen bei Anlagenzertifikaten darstellt.
Ausbau von PV-Freiflächenanlagen fördern
Das Maßnahmenpaket verleiht dem Ausbau der Photovoltaik in Freiflächen neue Anreize. Dies wird durch einen zweigleisigen Ansatz erreicht. Zum einen wird die Verfügbarkeit von Flächen zur Förderung von Solarparks erhöht, um die Ausbauziele des EEG zu erreichen.
Zum anderen wird ein verstärkter Fokus auf die Harmonisierung mit landwirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Interessen gelegt. Dabei wird angestrebt, Flächen möglichst mehrfach zu nutzen. Des Weiteren wird die Beanspruchung von landwirtschaftlichen Flächen begrenzt und strenge Schutzgebietstypen für den Naturschutz vom Ausbau ausgeschlossen, um sicherzustellen, dass ökologisch wertvolle Gebiete geschützt bleiben. Dieser Ansatz zielt darauf ab, eine ausgewogene Balance zwischen dem Ausbau erneuerbarer Energien und dem Schutz landwirtschaftlicher Flächen sowie sensibler Ökosysteme zu gewährleisten.
Um besondere PV-Anlagen, wie Agri-, Floating-, Moor- und Parkplatz-PV, aus der Nische zu ziehen, wird ein Untersegment mit einem eigenen Höchstwert von 9,5 ct/kWh in die Ausschreibungen für PV-Freiflächenanlagen eingeführt. Bisherige Boni werden gestrichen, um angemessene Anreize zu setzen.
Außerdem wird die Gebotsmenge für Freiflächenanlagen von 20 MW auf bis zu 50 MW in Ausschreibungen angehoben, was wiederum den kostengünstigen Ausbau gemäß des EEG verstärkt.
Neue Regelungen für Batteriespeicher
Um die immer wichtiger werdende Flexibilität und Stabilisierung des Stromnetzes während des enormen PV-Ausbaus zu gewährleisten, braucht es im Bereich der Batteriespeicher neue Impulse, die mit der Verabschiedung des Solarpaket 1 gesetzt wurden. Eine neue Regelung des Maßnahmenbündels beinhaltet die flexible Nutzung von Speichern („Multi-Use“): Hierfür wird das Ausschließlichkeitsprinzip angepasst. Dieses Prinzip, das seit den Anfängen des EEG besteht, besagte bisher, dass der in einem Batteriespeicher gespeicherte grüne Strom aus erneuerbaren Energien nur als grün betrachtet werden kann, wenn über das gesamte Kalenderjahr hinweg keine Kilowattstunde Graustrom in den Speicher eingespeist wurde, d.h. der Speicher nicht aus dem Netz geladen wurde.
Deshalb war es bislang nur möglich, die Speicher in Co-Location mit einem PV-Park entweder für die preisgesteuerte Verschiebung der Einspeisung des PV-Parks in die höherpreisigen Stunden oder aber zur Primärregelenergie-Erbringung zu nutzen, da für letzteres der Speicher nicht nur aus dem PV-Park, sondern auch aus dem Netz hätte beladen werden müssen. Eine Beladung des Batteriespeichers mit dem erzeugten PV-Strom hätte in dieser Konstellation bislang dazu geführt, dass die grüne Eigenschaft des Stroms entwertet wird und der Strom bei Wiedereinspeisung keine EEG-Förderung oder Grünstromzertifikate mehr erhalten würde. Beide Anwendungsfälle für die Speichernutzung zu kombinieren war so also bisher nicht möglich. Bislang erfolgte die Vermarktung von PV-Park und Batteriespeicher daher oft nur über einen der beiden Anwendungsfälle.
Mit dem Solarpaket 1 können nun jedoch Speicher, die z. B. im Sommer – wie oben beschrieben – die (grüne) Energieerzeugung von PV-Anlagen preisgesteuert vom Mittag auf den Abend verschieben, auch im Winter gleichzeitig für den Handel mit (grauem) Netzstrom genutzt werden. So wird eine kombinierte Multi-Use-Vermarktung von PV-Park und Batteriespeicher über beide Anwendungsfälle ermöglicht. Hierbei soll laut dem Gesetzespaket weiterhin sichergestellt werden, dass auch nur der Anteil an grünem EE-Strom eine Förderung erhält.
Die Anpassung des Ausschließlichkeitsprinzips soll voraussichtlich jedoch nicht für Batteriespeicher unter der Innovationsausschreibungsverordnung gelten. Für diese soll eine Multi-Use-Vermarktung weiterhin nicht möglich sein, d.h. hier bleibt es bei der preisgesteuerten Verschiebung der Einspeisung des PV-Parks mithilfe des Speichers in die höherpreisigen Stunden.
Zusammenfassend ermöglicht die Neuregelung des Ausschließlichkeitsprinzips eine deutlich flexiblere Nutzung von Batteriespeichern in Co-Location mit PV-Parks über neue Märkte und Anwendungsfälle und verspricht eine weitere Steigerung des Erlöspotenzials der Batterieoptimierung. Gleichzeitig ist hierdurch eine Standardisierung insbesondere der Anforderungen und Regelungen zu den Mess- und Zählkonzepten für Co-Location durch die Bundesnetzagentur für Anlagenbetreiber und Netzbetreiber zu erwarten. Die fehlende Ausweitung des Multi-Use-Vermarktungsansatzes auch auf Anlagen in der Innovationsausschreibung bleibt jedoch ein nicht ausreichend genutztes Potenzial.
Ebenfalls neu geregelt ist die Bevorzugung von Speichern beim Netzanschluss. Bisher sind Netzbetreiber gesetzlich verpflichtet, erneuerbare Energien bei der Vergabe von Netzanschlüssen bevorzugt zu behandeln. Mit dem Solarpaket 1 wird nun angestrebt, dass Speicher ebenfalls das Privileg eines bevorzugten Netzanschlusses erhalten sollen, ähnlich wie es im § 8 EEG 2023 für erneuerbare Energien vorgesehen ist. Dadurch sollen erneuerbare Energien und Speicher zumindest in dieser Hinsicht gleichgestellt werden. Entwickler von Batteriespeicherprojekten können in Zukunft erwartungsgemäß nun von einem beschleunigten Netzanschlussverfahren profitieren.
Wann tritt das Solarpaket 1 in Kraft?
Am Mittwoch, den 15. Mai, wurde das Gesetzespaket im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt somit größtenteils in Kraft. Zwar wurde das Solarpaket 1 bereits am 26. April vom Bundestag beschlossen, jedoch wurde der Entwurf von den Regierungsfraktionen in den letzten Wochen diskutiert und nochmals ergänzt. Das Solarpaket 1 bzw. das „Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“ kann hier nachgeschlagen werden: Bundesgesetzblatt zum Solarpaket 1
Wird es ein Solarpaket 2 geben?
Bisher gibt es keine Auskunft darüber, wann ein Solarpaket 2 kommen soll, jedoch äußerten sich die Sachverständigen beim Beschluss von Solarpaket 1, dass sie auf ein weiteres Solarpaket hoffen, um weitere Anpassungen vornehmen zu können.
Es ist aber klar: Solarenergie wird auch zukünftig eine zunehmend bedeutende Rolle spielen. Um die Klimaziele des Landes zu erreichen, ist es unerlässlich, den Ausbau von PV kontinuierlich voranzutreiben. Angesichts der ständigen Innovationen auf dem Solarmarkt ist zwar noch nicht absehbar, welche neuen Arten von Photovoltaikanlagen möglicherweise zusätzlich gefördert werden. Es steht jedoch fest, dass die Installation einer PV-Anlage in Zukunft immer einfacher werden soll.
Weiteres können Sie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) lesen.
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