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Sektorkopplung

Lesezeit: 6 Minuten

Inhaltsverzeichnis

Was ist Sektorkopplung?

Sektorkopplung bezeichnet ganz allgemein die Verbindung der „Energiesektoren“ Strom, Wärme und Verkehr. Für die Dekarbonisierung der Energiewende spielt die Sektorkopplung eine tragende Rolle, da die Bedeutung von Strom aus Erneuerbaren Energien weiterhin deutlich zunehmen wird. Strom wird daher zum Teil auch als „Leitenergie des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet. Im Gegensatz zur Strombranche dominieren im Bereich Wärme und Mobilität bzw. Verkehr bis dato die fossilen Energieträger – hier kommen Erneuerbare Energien bislang noch eher selten zum Einsatz. Die Vernetzung aller Sektoren, also die Sektorkopplung, soll deshalb zum Erreichen der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung beitragen: Die technischen Anlagen, Infrastrukturen und Märkte der verschiedenen Sektoren sollen stärker aufeinander abgestimmt werden, um so ein flächendeckendes, intelligentes Energiesystem zu etablieren.

Abgesehen von den sektorenübergreifenden Prozessen, bezieht sich Sektorkopplung zudem auch auf die optimale Verknüpfung innerhalb der Sektoren: Mithilfe eines integrierten Energiesystems sollen alle Komponenten in einem Sektor bestmöglich aufeinander abgestimmt sein.

Wie trägt die Sektorkopplung zur Energiewende bei?

Um die Energiewende zielführend und konsequent voranzutreiben, ist es von großer Bedeutung, dass die unterschiedlichen Bereiche und Sektoren des Energiesystems zusammenwirken. Bislang kennzeichnet sich die Energiewende in Deutschland eher durch eine „Stromwende“ – um die deutschen und europäischen Klimaziele zu erreichen, ist es allerdings von großer Bedeutung, dass es auch zu einer Wärme- bzw. Mobilitätswende kommt. Im Zuge dessen ist es wichtig sich bewusst zu machen, was der Unterschied zwischen Energie im Ganzen und Strom im Speziellen ist: Während der Anteil von Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch in Deutschland innerhalb der letzten Jahre (2012: 23,4% – 2019: 42,1%) kontinuierlich gestiegen ist, so ist deren „Rolle“ im Brutto-Endenergieverbrauch über alle Sektoren hinweg noch eher klein (2019: 17,1%). Zum gesamten Endenergieverbrauch wird über den Stromverbrauch hinaus noch zusätzlich die Energie einbezogen, welche z.B. im Bereich Heizung oder Verkehr anfällt. Diese und andere Bereiche sind allerdings immer noch stark geprägt von fossilen Energieträgern. Deshalb ist es umso wichtiger, dass gerade hier immer mehr auf Erneuerbare Energien gesetzt wird, um die CO2-Reduktion sektorenübergreifend voranzutreiben. Die Sektorkopplung verbindet deshalb diese verschiedenen Bereiche untereinander und sorgt dafür, dass fossile Energieträger wie Gas oder Öl, schrittweise durch Erneuerbare Energien und Erneuerbaren Strom ersetzt werden.

So wird bspw. die Mobilität der Zukunft mehr und mehr durch Elektromobilität abgedeckt werden und auch im Bereich Wärme wird beispielsweise über Wärmepumpen die Abkehr von fossilen Energieträgern vorangetrieben. Das übergeordnete Ziel gemäß dem Klimaschutzprogramm 2030 und dem neuen Klimaschutzgesetz der Bundesregierung ist die verbindliche Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen um 55 Prozent. Bis 2030 sollen 65 Prozent des Bruttostromverbrauchs von Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Dabei gilt: Deutschland und Europa sollen bis 2050 klimaneutral sein.

Was sind Beispiele für Sektorkopplung?

Auch wenn Erneuerbare Energien in Deutschland zunehmend auf dem Vormarsch sind, müssen zum Erreichen der Klimaziele deutlich höhere Anstrengungen unternommen werden. Im Zuge der Verknüpfung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr sind sog. „Power-to-X-Technologien“ die zentralen Verbindungselemente. Dabei handelt es sich um Technologien, die Strom aus Erneuerbaren Energien in einen anderen Energieträger überführen. „Power-to-X“ bezieht sich dabei auf eine große Bandbreite an unterschiedlichen Prozessen, Produkten, Technologien und Anwendungsfeldern. Wichtig ist dabei, dass sowohl der Ausbau der Erneuerbaren Energien, als auch die Dimensionierung der Stromnetze Schritt hält.

Sektorkopplung Strom

Die Strombranche fungiert als Ausgangspunkt für die Sektorkopplung. Entscheidend ist hier die Nutzung von erneuerbarem Strom, also Strom aus regenerativen Energiequellen. Windkraftanlagen, Photovoltaik-Anlagen, Biomasseanlagen usw. sorgen dafür, dass der erzeugte Strom nicht nur direkt genutzt werden kann, wie zum Beispiel für die Beleuchtung von Räumen, sondern auch dass dieser Strom umgewandelt und in anderen Bereichen eingesetzt werden kann. Im Jahr 2019 lag die Menge an erzeugtem Strom aus Erneuerbaren Energien erstmalig über der Stromerzeugung durch Braun- und Steinkohlekraftwerke. Spitzenreiter war die Windenergie, deren Anteil in der Stromerzeugung aus nachhaltigen Energiequellen 2019 bereits bei knapp 50 Prozent lag. Im Bereich Photovoltaik ist im Zuge dessen ebenfalls eine positive Entwicklung zu verzeichnen: Aufgrund von günstigen Witterungsverhältnissen und dem steigenden Zubau von Photovoltaik-Anlagen konnte auch mithilfe dieser Erzeugungsart in der Stromerzeugung ein Anstieg von 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erzielt werden.

Sektorkopplung Wärme

Die Wärmeversorgung in Deutschland zeichnet sich durch einen Energiebedarf aus, der ca. doppelt so groß ist wie der Strombedarf. Der Anteil an Erneuerbaren Energien im Endenergieverbrauch im Bereich Wärme und Kälte lag 2019 bei 13,9 Prozent: In Deutschland spielen demnach fossile Energieträger, wie Öl und Gas, nach wie vor eine große Rolle im Heizungswesen und machen ca. 75% aus. Um diesem Zustand Abhilfe zu schaffen und die Nutzung von Erneuerbaren Energien zu fördern, werden sog. „Power-to-Heat-Technologien“ eingeführt. Power-to-Heat bezieht sich auf den Einsatz von Technologien, die zur Wärmegewinnung Strom anstatt fossiler Brennstoffe nutzen. Je mehr dieser Strom dabei von Erneuerbaren Energien bezogen wird, umso größer ist der geleistete Beitrag zur Energiewende. Als konkretes Beispiel für eine elektrische Wärmelösung dient die Wärmepumpe: Deren Funktionsweise im Heizungskeller beläuft sich auf die Nutzung von Strom, um Erdwärme aufzunehmen und zu verdichten. Im Anschluss wird die gewonnene Wärme dann wiederum für die Heizungsanlage verwendet. Durch kostengünstige Wärmespeicher kann dieser Effekt sogar noch vergrößert werden. Insbesondere bei gut isolierten Gebäuden erweist sich diese Heizungsart als vorteilhaft. Alles in allem gibt es auf diesem Gebiet also diverse Möglichkeiten und bereits erprobte Technologien, um fossile Methoden zu ersetzen. Der Fokus in der Wärmeerzeugung kann deshalb also auf die flächendeckende Verbreitung dieser Technologien gelegt werden.

Sektorkopplung Verkehr

Der Sektor Verkehr bietet großes Potenzial zur Elektrifizierung vieler Bereiche und ist gleichzeitig aber trotzdem der Bereich mit dem geringsten Anteil an Erneuerbaren Energien: Der Anteil des Stromverbrauchs mithilfe von nachhaltigen Energiequellen lag 2019 bei 5,6 Prozent. Als konkretes Beispiel für die Sektorkopplung dienen die Bemühungen um die Elektromobilität: Als sektorenübergreifender Prozess verbindet sie u.a. den Stromsektor mit dem Bereich Verkehr. Im Schienenverkehr ist die Elektrifizierung schon zum Großteil geschehen. Die meisten Züge nutzen mittlerweile Strom als Antriebsenergie. Hier ist es wichtig, dass auch die ausstehenden Strecken zumindest teilweise elektrifiziert werden oder aber Wasserstoff bzw. andere synthetische Kraftstoffe eingesetzt werden. Im Gegensatz dazu sind im Straßenverkehr die Veränderungen momentan in vollem Gange. Um Treibhausgasemissionen zu reduzieren, bietet es sich an bei PKWs auf Elektrofahrzeuge zu setzen. Gemäß dem Ziel der Bundesregierung sollen in Deutschland bis 2030 sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge zugelassen werden, um den Umstieg auf Elektromobilität weiter voranzutreiben. Entscheidend ist hierbei, dass der Umstieg auf Elektromobilität weiterhin konsequent vorangetrieben wird: 2019 lag die Zahl der neu zugelassenen PKWs mit Hybridantrieb bei ca. 239.000. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass ausreichend Ladestationen zur Verfügung gestellt werden und dass diese zusätzliche Last flexibel gesteuert werden kann, sodass lokale Engpässe verhindert werden können. Bei Omnibussen kann schon eine positive Bilanz verzeichnet werden: Viele dieser Verkehrsmittel sind mittlerweile ausschließlich strombetrieben. Bei LKWs und Sattelzügen gestaltet sich das aufgrund ihrer hohen Tagesfahrleistungen und der großen Zuladung noch herausfordernd. Auch im Flug- und Schiffsverkehr sind noch tiefergehende Forschungsarbeiten vonnöten, da hier Batterien keine adäquate Alternative darstellen. Alles in allem kann die Energieeffizienz der Verkehrsbranche durch die Elektrifizierung jedoch weiter verbessert werden. Die Nutzung von Wasserstoff als Antriebsenergie erweist sich im Zuge dessen als eine zusätzliche Möglichkeit zur umweltfreundlicheren Gestaltung der Verkehrsbranche. Strom kann im Rahmen der „Power-to-Gas-Technologie“ als Ausgangsenergie verwendet und in Wasserstoff umgewandelt werden.

Was sind die Vorteile der Sektorkopplung?

Die Sektorkopplung bringt unterschiedliche Vorteile mit sich. Zum einen fördert sie die Dekarbonisierung aller Sektoren durch den Einsatz Erneuerbarer Energien. Das bedeutet also, dass fossile Energieträger nach und nach durch regenerative Energiequellen ersetzt werden. So kann zum Beispiel Strom erzeugt werden ohne dass zuerst Kohle verbrannt werden muss oder Autos können gefahren werden ohne die vorherige Verbrennung von Benzin. Entscheidend dafür ist die Verknüpfung unterschiedlicher Sektoren mithilfe intelligenter Technologien, wie etwa Wärmepumpenheizungen oder Elektroautos. Zum anderen wird durch die Sektorkopplung Flexibilität in der Nachfrage nach elektrischer Energie gefördert. Konkret bedeutet das, dass Schwankungen, die mit der Verwendung von Erneuerbaren Energien einher gehen, ausgeglichen werden können ohne größere Investitionen in Energiespeicher tätigen zu müssen. Dieser Umstand wirkt sich wiederum positiv auf die Energiesicherheit aus. Insgesamt ist der klare Vorteil der Sektorkopplung also, dass sie als Katalysator für die Energiewende agiert. Durch die Verknüpfung unterschiedlicher Sektoren werden Synergieeffekte herbeiführt, wodurch der Einsatz von regenerativen Energiequellen weiter und effizienter ausgebaut werden kann.

Was sind die Nachteile der Sektorkopplung?

Im Vergleich zu flüssigen oder gasförmigen Treibstoffen kann Strom leider nicht ohne Weiteres in einem Gefäß gespeichert werden. Deshalb muss Strom elektrochemisch in Form von Batterien oder in veränderter Form gespeichert werden, bspw. in Pumpspeichern. Diese Speicherung oder Umwandlung ist allerdings immer mit Energieverlusten verbunden. Die Batteriespeicherung ist allerdings insgesamt eher teuer und ökologisch ausbaufähig in Bezug auf Herstellung und den damit verbundenen Verbrauch von Rohstoffen. Dementsprechend schneiden fossile Energieträger, die kostengünstiger betrieben werden können, im Vergleich zu „Power-to-X-Technologien“ in manchen Aspekten besser innerhalb des Marktes ab. Trotz dieser Herausforderungen ist es unumgänglich, dass die Energiewende sektorenübergreifend in einem ganzheitlichen Ansatz vorangetrieben wird mithilfe intelligent eingesetzter Flexibilisierung und Verknüpfung von Stromerzeugung, Stromverbrauchern und Speichern.
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Pierre Fees, Head of Sales

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